Standard-Tischrechner

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Tastatur und Anzeige des Olympia CPD 5210 von 1976, einem frühen Vertreter dieser Rechnerkategorie
Tastatur und Anzeige des Sharp CS-2635 (ca. 1990)
Tastatur und Anzeige des Triumph-Adler 121 PD plus Euro (ab ca. 2000). Typisch für moderne Rechner dieser Kategorie sind die Tax- und Euro-Funktionen.

Wenn man versucht, die zahlreichen Modelle der verschiedenen Anbieter in Klassen einzuteilen, kommt man nicht an der Definition eines Standard-Tischrechners vorbei.

Was zeichnet einen solchen Rechner aus? Der beste Ansatz ist es, sich das Rechnerangebot heute und in der nicht zu fernen Vergangenheit anzuschauen. Man stellt dabei fest, dass bestimmte, sehr weit verbreitete Rechnermodelle eine gute Definitionsgrundlage bilden. Zu diesen Modellen gehören, was meine Sammelschwerpunkte betrifft, die Vertreter der Reihe Olympia CPD 5212, der Reihe Sharp CS-2635 (mit dem aktuellen Vertreter CS-2635RH) und die Reihen Triumph-Adler 121 PD und 1121 PD. Der 121 PD ist, so liest man es jedenfalls gelegentlich in eBay-Angeboten, Deutschlands meistverkaufter Tischrechner, also ein guter Ansatz für die Definition eines Standardrechners!

Die genannten Rechnerreihen haben folgendes gemeinsam:

  • 12 Stellen
  • Leuchtanzeige (meist VFD, neuerdings z.T. auch hinterleuchtetes LCD)
  • mechanisches Zeilen-Druckwerk mit zweifarbigem Farbband (heute i.d.R. Abwälzdrucker, früher auch Trommeldrucker)
  • 1 vollwertiger Speicher (i.d.R. mit vier Tasten sowie Automatikmodus)
  • hochwertige, große Tastatur

„Hochwertig“ ist hier relativ zu verstehen: Die Tastatur keines modernen Rechners kommt in der Qualität an eine Tastatur mit Reed-Schaltern und Metallrahmen von Anfang der 1970er Jahre heran. Man muss die Tastaturen also immer mit denen anderer Rechner der gleichen Zeit vergleichen, insbesondere mit solchen des gleichen Anbieters. Nicht dem Kriterium „hochwertig“ entsprechend sind Tastaturen mit deutlich kleineren Tasten oder solche mit Gummitasten. Sie werden aber nur sehr selten mit hochwertigen Druckwerken kombiniert, so dass sich diese Frage in der Praxis gar nicht stellt.

Definiert man einen Standardrechner über die oben genannten Punkte, stellt man damit schon relativ hohe qualitative Anforderungen – solche Rechner können noch heute mehr als 100 Euro kosten, und „Standard“ sollte deshalb auf keinen Fall mit „Durchschnitt“ verwechselt werden! Noch höherwertige Rechner sind sehr selten, haben z.B. 14 Stellen und/oder einen stark erweiterten Funktionsumfang, und die zunehmende Verbreitung von PCs mit Tabellenkalkulationen hat diese „Luxusrechner“ noch seltener gemacht als sie es ohnehin schon waren. Ein Standardrechner nach meiner Definition kann also durchaus das Top-Modell eines bestimmten Anbieters sein.

Zum Funktionsumfang habe ich mich, abgesehen vom Speicher, bewusst nicht genauer festgelegt, denn was als Standard akzeptiert wird, hat sich seit den 1970er Jahren natürlich verändert. Heute haben praktisch alle Rechner dieser Kategorie Funktonen zur Steuer- und Währungsumrechnung, was aber erst seit den 1990er Jahren und erst recht seit der Euro-Umstellung üblich geworden ist. Weitere Funktionen, die man heute (und schon seit den 1980er Jahren) so gut wie immer findet, sind Postenzähler, Aufschlagsrechnung, Grand-Total-Speicher sowie zwei oder drei Nullentasten. Selbstverständlich sind Rundungsoptionen, verschiedene Festkommapositionen und ein Addiermaschinenmodus.

Dieser Standard entwickelte sich erst in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre, denn davor waren druckende Rechner ohne Anzeige die Regel. Der erste mir bekannte Standardrechner von Olympia war der CPD 5210 – der Urahn des heutigen CPD 5212 – oder evtl. auch der CPD 575. Der erste Sharp dieser Klasse war wahrscheinlich der CS-2164, der erste von Triumph-Adler der 1210 PD und der erste von MBO der TRS 1300. Der nach meiner Definition erste Standardrechner überhaupt könnte der 1972 erschienene Casio R-3 sein, aber das ist nur eine auf den mir bekannten Modellen basierende Vermutung.