Privileg Beginner (2)

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Privileg Beginner (2)

Der Privileg Beginner (Best.-Nr. 830.771 2) ist ein sechsstelliger Taschenrechner mit LED-Display. Mein Exemplar ist vermutlich von 1975.

Dieses Modell ist das zweite mit der Bezeichnung „Beginner“ und unterscheidet sich von der ersten Version durch ein anderes Design von Gehäuse und Tastatur. Er hat mit nur 15 Tasten eine weniger als sein Vorgänger, so dass es auch logische Unterschiede gibt.

15 Tasten sind nicht viel – so wenig haben in meiner Sammlung sonst nur der Sharp QT-8D und der Sharp EL-8, bei denen bekanntlich die Multiplikation und die Division auf einer Taste liegen. Beim Beginner gibt es neben den zehn Zifferntasten und einer Clear-Taste jedoch Tasten für alle vier Grundrechenarten. Dafür vermisst man so etwas wie eine [=]-Taste und insbesondere den Dezimalpunkt. Das Rechnen ist also nicht nur bei der Stellenzahl mit gewissen Einschränkungen verbunden – siehe Abschnitt „Logik“!

Die Stromversorgung erfolgt über eine 9-V-Blockbatterie. Anders als seine achtstelligen Verwandten hat der Beginner keinen Anschluss für ein externes Netzteil.

Logik

Hat schon das Vorgängermodell mit einer fehlenden [.]-Taste geglänzt, fehlt beim neuen Beginner jetzt auch noch die [E]-Taste, die lebenswichtige Eingabetaste für die verwendete Eingabelogik UPN. Man steht also nicht nur als Anfänger, sondern auch als langjähriger Sammler von Taschenrechnern erst einmal ziemlich ratlos vor diesem Rechner, insbesondere dann, wenn man wie ich das Vorgängermodell noch nicht gekannt hat und außerdem damit rechnen muss, dass das vorliegende Exemplar nicht korrekt funktioniert (bei meinem Exemplar ist eine Anzeigestelle ausgefallen – in den Bildern habe ich das retuschiert).

Nach etwas Herumprobieren war klar, dass zumindest die Strichrechnungen im Addiermaschinenmodus erfolgen, die [+]-Taste sich also wie eine [+=]-Taste verhält. Tatsächlich erfüllt sie aber eine Doppelfunktion als Enter-Taste, denn auch die zweite Version des Beginner arbeitet mit UPN! Es gibt eine orange Variante des Rechners, bei der die [+]-Taste mit „Eingabe“ und mit „+“ beschriftet ist, und das hat mich auf den richtigen Weg geführt.

Die Multiplikation 3 × 7 wird also wie folgt eingegeben: [3][+][7][×], was [3][Enter][7][×] bei einem „richtigen“ UPN-Rechner entspricht.

Spätestens bei der Division muss man berücksichtigen, dass der Rechner nicht nur in der Anzeige, sondern auch beim Eintippen mit zwei festen Nachkommastellen arbeitet, was die fehlende Kommataste erklärt. Im Grunde arbeitet er wie eine mechanische Rechenmaschine ganz ohne Nachkommastellen, denn das Komma in der Anzeige könnte genauso gut nur aufgemalt sein und wird vom Rechen-IC weder erzeugt noch berücksichtigt.

[1][+][7][÷] liefert also nicht 1/7 bzw. 0,14285 oder zumindest 0,14, sondern 0, weil wir eigentlich 0,01/0,07 gerechnet haben. Aber halt – müsste das nicht auch 0,14 liefern? Tut es nicht, also hat der Beginner wohl 0,01/7 gerechnet, was erst in der dritten Nachkommastelle einen Wert ungleich 0 ergibt. Beim Divisor wird also die Festkommalogik durchbrochen, und wir müssen [1][0][0][+][7][÷] eintippen, um 0,14 zu erhalten. Das Gleiche gilt auch für den zweiten Faktor bei der Multiplikation (dieses Verhalten findet man übrigens auch bei Tischrechnern, die einen AM-Modus mit zwei festen Nachkommastellen haben).

Will man bei einer Division die volle Anzeigekapazität ausnutzen, muss man wie bei einem mechanischen Rechner ganz links anfangen, also in unserem Beispiel 100000/7 rechnen und das Komma im Kopf positionieren. Ob ein solcher Rechner wirklich für Anfänger geeignet ist? Aber zugegeben: Das Multiplizieren und Dividieren geht immerhin einfacher und schneller als auf einer mechanischen Vierspeziesmaschine mit Handkurbelantrieb.

UPN hat gegenüber der üblichen Eingabelogik einen Vorteil, denn man braucht keine Klammern und muss sich keine Gedanken über die Priorität von Strich- und Punktrechnungen machen. 3 × 5 + 4 × 8 lässt sich auf einem einfachen Taschenrechner, der die Regel „Punkt- vor Strichrechnung“ nicht beherrscht, nicht ohne Weiteres berechnen. Mit einem vollwertigen UPN-Rechner kann man das Beispiel als [3][Enter][5][×][4][Enter][8][×][+] eintippen. Doch diese Logik erfordert, wie auch Klammern, einen Stack, also Speicherplatz, und den hat der Beginner natürlich nicht. Der erste Teil der Aufgabe wird korrekt zu 15 berechnet, aber bei der Eingabe der 4 rächt sich das Zusammenlegen von [+] und [Enter], denn die 4 wird sofort zur 15 addiert. Für das Erlernen der UPN ist der Beginner also definitiv der falsche Rechner!

Übrigens stehen die sechs Anzeigestellen nur für positive Zahlen zur Verfügung. Da es kein eigenes Anzeigesegment für das Minuszeichen gibt, sind negative Zahlen auf -999,99 begrenzt – das reicht noch nicht einmal aus, um meinen Kontostand zu berechnen.

Innenleben

Das Innere des Beginner (2) entspricht dem seiner achtstelligen Verwandten, wie z.B. dem 82, dem 85 (2) oder dem 865 M. Anders als diese hat der Beginner jedoch zwei ICs vom Typ MM5726N und DS8877N, die von National Semiconductor stammen.

Weil beide ICs gleich groß sind, fragt man sich, welches der beiden das Haupt-IC ist und welches für die Ansteuerung der Anzeige zuständig ist. Man könnte sich auch fragen, warum ein derart einfacher Rechner überhaupt zwei ICs benötigt, anders als seine leistungsfähigeren Verwandten. Doch letztere haben größere ICs und nutzen zur Ansteuerung der Anzeige diskrete Transistoren, so dass der Beginner (2) in diesem Punkt moderner wirkt.

Das Haupt-IC ist das MM5736N (siehe externe Links). Es kann auch die sieben Segmente der Anzeige berechnen. Das DS8877N ist mehr als nur ein Ersatz für Treibertransistoren, denn es ist auch für das Multiplexen der Anzeige zuständig, d.h. das zyklische Ansteuern der sechs Anzeigestellen. Da bei meinem Exemplar eine Stelle der Anzeige nicht funktioniert, werde ich mich eines Tages evtl. mal genauer damit befassen.

Wie auch immer – kein anderer mir bekannter Rechner hat ein so kleines Haupt-IC, und das zeigt, dass sich die Beschränkung auf 6 Stellen, 15 Tasten und der Verzicht auf eine Kommalogik tatsächlich nennenswert auf die IC-Größe ausgewirkt hat, genauer auf die Zahl der erforderlichen Anschlussbeinchen. Laut dem unten verlinkten Datenblatt sind von den 18 Beinchen des ICs 2 für die Spannungsversorgung, 7 für die sieben Anzeigesegmente und 9 für die Tastaturabfrage zuständig, wobei von letzteren 6 Leitungen auch für die Kommunikation mit dem Anzeige-IC verwendet werden.

Galerie

Eigenes Exemplar

  • Inv.-Nr. 2433, Seriennummer 79008, Baujahr 1975, Zustand: eine Stelle ausgefallen, sonst ok

Externe Links