Klassifizierung mechanischer Rechenmaschinen

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Im Zusammenhang mit der Klassifizierung mechanischer Rechenmaschinen trifft man oft auf die Begriffe Einspeziesmaschine, Zweispeziesmaschine, Dreispeziesmaschine und Vierspeziesmaschine. Dies bezieht sich auf die Zahl der Grundrechenarten (Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division), die von der Maschine beherrscht werden. Zweispeziesmaschinen werden auch als Addiermaschinen bezeichnet, obwohl sie natürlich auch subtrahieren können. Wenn sie unter null rechnen können, spricht man auch von Saldiermaschinen. Wenn zwischen Addier- und Saldiermaschinen unterschieden wird, bezeichnet ersteres Maschinen, die nicht unter null rechnen können.

So weit, so einfach, aber in der Praxis ist es nicht so eindeutig.

Einspeziesmaschinen sind z.B. die nach dem Comptometer-Prinzip arbeitenden Rechner mit Volltastatur, bei denen eine eingetippte Ziffer sofort, d.h. ohne Kurbel- oder Hebelbewegung addiert wird. Noch schneller addieren geht wahrscheinlich nicht, aber man kann mit diesen Maschinen auch subtrahieren, indem man Komplementärzahlen addiert, die als Hilfestellung z.T. auch auf die Tasten gedruckt sind. Man kann durch stellenweises wiederholtes Addieren auch multiplizieren und mit einem speziellen Verfahren sogar dividieren.

Viele (d.h. alle mir bekannten) Zweispeziesmaschinen können mit Hilfe einer Repetitionstaste (meistens [R] oder [×]) auch multiplizieren. Man könnte jetzt einwenden, dass diese Multiplikation nicht automatisch abläuft, also von der Maschine nicht wirklich „beherrscht“ wird. Doch auch die ganz gewöhnlichen, bedenkenlos als Vierspeziesmaschinen bezeichneten Handkurbelmaschinen haben keine Automatik! Tatsächlich kann man mit einer simplen elektromechanischen Addiermaschine wie der Olympia AE 11 schneller multiplizieren als z.B. mit einer Brunsviga 13 RM oder Facit NTK.

Der Begriff Dreispeziesmaschine bezeichnet also in der Regel eine Addiermaschine mit Multiplikations-Automatik. An der Tastatur erkennt man solche Maschinen nicht etwa daran, dass sie eine [×]-Taste haben – diese kann wie gesagt eine einfache Repetitionstaste sein – sondern an einer [=]-Taste zusätzlich zur üblicherweise vorhandenen [*]-Taste für die Endsumme.

Wichtiger ist die Unterscheidung zwischen Zwei- bzw. Dreispeziesmaschinen auf der einen und Vierspeziesmaschinen auf der anderen Seite. Der entscheidende Unterschied, der Voraussetzung für die Division ist, besteht in einem frei verschiebbaren Schlitten (manchmal auch Wagen genannt, aber das kann zu Verwechslungen mit dem Breitwagen einer Buchungsmaschine führen). Er ist notwendig, weil man bei der Division bei der höchsten Stelle anfangen muss, also von links. Ebenfalls unentbehrlich für die Division ist ein Umdrehungszählwerk, weil sich das Divisionsergebnis aus der Anzahl der Subtraktionen je Stelle ergibt, die also sichtbar gezählt werden müssen.

Ob und wie weit die Division oder die Multiplikation automatisch ablaufen, hängt vom Einzelfall ab. Bei handbetriebenen Maschinen ist in der Regel überhaupt keine Automatik vorhanden (es gibt aber Ausnahmen, z.B. die Hamann Manus), während bei elektrisch angetriebenen Maschinen die Division, die Multiplikation oder beides automatisiert sein kann. Man muss auch zwischen Voll- und Teilautomatik unterscheiden: Bei ersterer erledigt die Maschine die kompletten Berechnung ohne weiteres Zutun des Anwenders. Dies ist z.B. bei der Multiplikation der Olympia RAS 3/12 der Fall oder bei der Division der Archimedes L 17. Letztere trägt den Dividenden sogar automatisch linksbündig ein, was nicht selbstverständlich ist.

Obwohl die Division komplizierter erscheint als die Multiplikation, hat letztere aus technischer Sicht einen Nachteil, denn sie benötigt ein zusätzliches Eingabewerk für den zweiten Faktor (das Zählwerk kann dafür nicht ohne Weiteres verwendet werden). Anders gesagt, die Maschine muss irgendwo speichern, an welcher welche Stelle wie oft addiert werden muss. Viele Maschinen multiplizieren deshalb nur teilautomatisch, indem der Anwender nacheinander die Stellen des zweiten Faktors eintippt – angefangen mit der niederwertigsten – und dann jeweils wartet, bis die Maschine mit dieser Stelle fertig ist. Insbesondere Maschinen mit Volltastatur haben dafür oft eine kleine Zusatztastatur. Das Zählen der Additionen und die anschließende Stellenverschiebung erledigt die Maschine dann automatisch. Die einzige halbautomatisch multiplizierende Maschine in meiner Sammlung ist die Contex 30.

Die teilautomatische Division findet man nur selten: Wenn eine Maschine ohnehin selbständig ihren Schlitten verschieben kann, ist nach der Abarbeitung einer Stelle auch kein Eingriff des Anwenders nötig. Die einzige mir geläufige Ausnahme ist die bereits erwähnte Contex 30: Das Zählwerk dieser Maschine hat nämlich nur eine Stelle (!), so dass der Anwender diese aufschreiben muss, bevor er mit der nächstniedrigeren Stelle fortfährt.

Beispiele