Olympia RAS 3/12 - Reparatur: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Rechnerwiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Zeile 27: Zeile 27:
 
Bei einer professionellen Reparatur würde man natürlich einfach die Schaltereinheit austauschen. Leider ist es eher unwahrscheinlich, dass man ein solches Teil noch heute erstehen kann. Selbst wenn man tatsächlich eines findet, wäre es fast genau so alt wie die Maschine, würde also möglicherweise sofort wieder abrauchen. Das gilt erst recht, wenn man das Teil aus einer in anderen Bereichen defekten RAS 3/12 ausbaut.
 
Bei einer professionellen Reparatur würde man natürlich einfach die Schaltereinheit austauschen. Leider ist es eher unwahrscheinlich, dass man ein solches Teil noch heute erstehen kann. Selbst wenn man tatsächlich eines findet, wäre es fast genau so alt wie die Maschine, würde also möglicherweise sofort wieder abrauchen. Das gilt erst recht, wenn man das Teil aus einer in anderen Bereichen defekten RAS 3/12 ausbaut.
  
Man kommt also nicht darum herum, die Schaltereinheit entweder zu reparieren – also zumindest den geplatzten Kondensator auszubauen – oder die gesamte Baugruppe durch etwas anders zu ersetzen. Da ich jetzt zwei kaputte Schaltereinheiten hatte, habe ich mich getraut, bei einer davon etwas brutaler zu sein, um dann bei der zweiten möglicherweise eleganter vorgehen zu können.
+
Man kommt also nicht darum herum, die Schaltereinheit entweder zu reparieren – also zumindest den geplatzten Kondensator auszubauen – oder die gesamte Baugruppe durch etwas anderes zu ersetzen. Da ich jetzt zwei kaputte Schaltereinheiten hatte, habe ich mich getraut, bei einer davon etwas brutaler zu sein, um dann bei der zweiten möglicherweise eleganter vorgehen zu können.
  
 
Mein Plan war, den zerstörten Kondensator ersatzlos zu entfernen und den Rest der Schaltereinheit so weit wie möglich zu erhalten. Ein Alternativplan war, mit einer Säge alles um den Schalter herum zu entfernen und das Drumherum neu zu verkabeln. Doch in diesem Fall hätte ich sämtliche Litzen verlängern müssen, und vor allem wären die Befestigungslöcher verloren gegangen, und ich hätte den Schalter auf eine völlig andere Art befestigen müssen.
 
Mein Plan war, den zerstörten Kondensator ersatzlos zu entfernen und den Rest der Schaltereinheit so weit wie möglich zu erhalten. Ein Alternativplan war, mit einer Säge alles um den Schalter herum zu entfernen und das Drumherum neu zu verkabeln. Doch in diesem Fall hätte ich sämtliche Litzen verlängern müssen, und vor allem wären die Befestigungslöcher verloren gegangen, und ich hätte den Schalter auf eine völlig andere Art befestigen müssen.

Version vom 02:03, 6. Mär 2024

Die beschädigte Schaltereinheit. Das gelbe Loch auf der linken Seite sollte dort nicht sein; es kennzeichnet die Lage des abgerauchten Kondensators.
Aus dem Kondensator herausgespritztes Wachs im Gehäuseboden
Zum Glück ist der Schaltplan aufgedruckt!
Die wichtigsten Verbindungen farblich markiert. Blau: Netzanschluss und Schalter, violett: Motorkonensator, grün: Motormasse. Die Punkte zeigen die Farben der angeschlossenen Litzen.
Die Schaltereinheit mit „Bohrloch“ und ersetzten Verbindungen
Der Kondensator in „ausgebautem“ Zustand
Die Maschine von unten mit eingebauter Schaltereinheit

Die Olympia RAS 3/12 hat leider einen äußerst unangenehmen Schwachpunkt: Wie auch bei anderen, ähnlich alten Maschinen tendiert der Entstörkondensator zum Abrauchen. Doch das ist nicht das eigentliche Problem.

Bei meiner „grünen“ Maschine, die ich 2009 erstanden habe und die damals bereits 42 Jahre alt war, hat sich der Kondensator schon kurz nach dem ersten Einschalten verabschiedet, nach nur wenigen Rechenoperationen. Die etwas jüngere Maschine hat dagegen noch lange funktioniert. Sie war 2004 meine erste mechanische Rechenmaschine überhaupt und auch meine erste Olympia, und sie war in den folgenden Jahren relativ oft im Einsatz, weil ich sie auf Ausstellungen mitgenommen und vorgeführt habe. Sie hat deshalb mehr gearbeitet als jede andere elektromechanische Maschine in meiner Sammlung, aber 2023 war es leider auch bei ihr so weit: Das gleiche brutzelnde Geräusch, der gleiche Geruch...

Übrigens steht der Entstörkondensator immer unter Netzspannung, wenn die Maschine eingesteckt ist, also auch dann, wenn der Motor nicht läuft. Das Abrauchen kann also auch passieren, wenn die Maschine einfach nur tatenlos herumsteht und möglicherweise auch unbeaufsichtigt ist. Ich würde also jedem raten, die RAS 3/12 nach Tests oder Vorführungen so schnell wie möglich wieder vom Netz zu trennen!

Von der ersten Maschine wusste ich schon, dass der Schaden schwer zu beheben ist – ich habe es damals gar nicht erst probiert. Der zerstörte Kondensator ist nämlich zusammen mit anderen Entstör-Komponenten in ein Kunststoffgehäuse eingegossen, in das er beim Ableben ein kleines Loch gesprengt hatte. Das alleine wäre nicht so schlimm, denn der Motorkondensator ist ein separates Teil, und die Maschine läuft auch ohne Entstörelektronik. Doch leider ist der Hauptschalter in dasselbe Gehäuse integriert, also der Schalter, über den der Motor beim Betätigen einer Funktionstaste eingeschaltet wird.

Wie ich schon geahnt hatte, war der Schaden bei der zweiten Maschine exakt der gleiche. Da zu befürchten ist, dass es früher oder später auch bei meiner dritten und jüngsten RAS 3/12 passieren wird, habe ich dies zum Anlass genommen, mich eingehender mit den Problem zu befassen.

Zerlegen

Das Öffnen des Gehäuses und das Abnehmen der Bodenplatte erfolgt so wie bei den meisten anderen Rechenmaschinen von Olympia. Hier noch speziell der Hinweis, dass man vorsichtig sein muss, wenn man die geöffnete Maschine auf die Seite legt, denn dabei tendiert sie dazu, auf filigranen Teilen der Mechanik zu liegen! Auf dem Rücken liegt sie am besten, wenn man sie im Bereich der Papierrolle gepolstert aufliegen lässt und den Motor unterbaut, so dass die Maschine nicht auf den Tasten liegt und auch eine etwa waagerechte Lage hat.

Das Ausbauen der beschädigten Schaltereinheit ist nicht ganz einfach, denn man muss dafür nicht nur acht Kabelverbindungen lösen (2 × Netzanschluss, 2 × Entstörkondensator, 3 × Motor und 1 × Erde), sondern auch die Zugstange, über die die Rechnermechanik den Schalter betätigt. Dafür muss man (am besten, bevor man die Maschine umdreht!) zwei kleine Sicherungsscheiben entfernen, die schwer zu erreichen hinter einem der Zahnräder sitzen. Die Schaltereinheit selbst ist mit nur zwei Schrauben am Rechnerrahmen befestigt, obwohl sie drei Löcher hat.

Das war der einfache Teil, denn es ist leider völlig unmöglich, das Schaltergehäuse halbwegs geordnet zu öffnen. Genau so gut könnte man versuchen, aus einem IC die einzelnen Transistoren herauszuoperieren...

Der Plan

Bei einer professionellen Reparatur würde man natürlich einfach die Schaltereinheit austauschen. Leider ist es eher unwahrscheinlich, dass man ein solches Teil noch heute erstehen kann. Selbst wenn man tatsächlich eines findet, wäre es fast genau so alt wie die Maschine, würde also möglicherweise sofort wieder abrauchen. Das gilt erst recht, wenn man das Teil aus einer in anderen Bereichen defekten RAS 3/12 ausbaut.

Man kommt also nicht darum herum, die Schaltereinheit entweder zu reparieren – also zumindest den geplatzten Kondensator auszubauen – oder die gesamte Baugruppe durch etwas anderes zu ersetzen. Da ich jetzt zwei kaputte Schaltereinheiten hatte, habe ich mich getraut, bei einer davon etwas brutaler zu sein, um dann bei der zweiten möglicherweise eleganter vorgehen zu können.

Mein Plan war, den zerstörten Kondensator ersatzlos zu entfernen und den Rest der Schaltereinheit so weit wie möglich zu erhalten. Ein Alternativplan war, mit einer Säge alles um den Schalter herum zu entfernen und das Drumherum neu zu verkabeln. Doch in diesem Fall hätte ich sämtliche Litzen verlängern müssen, und vor allem wären die Befestigungslöcher verloren gegangen, und ich hätte den Schalter auf eine völlig andere Art befestigen müssen.

Eine dritte, aber von mir nicht weiter untersuchte Möglichkeit wäre es, auf das Zersägen zu verzichten und gleich einen neuen Schalter einzubauen, vorausgesetzt man findet einen passenden, den man mit der vorhandenen Mechanik (der beschriebenen Zugstange) verbinden kann. Genau genommen sollten es zwei (Mikro-) Schalter sein, denn der Originalschalter schaltet beide Pole der Netzzuleitung (es scheint jedoch auch eine Variante mit einem einpoligen Schalter zu geben).

Reparatur

Nach erfolg- und hoffnungslosen Versuchen, das über dem geplatzten Kondensator entstandene Loch zu vergrößern, um die Reste des Bauteils geordnet entfernen zu können, habe ich zu einer drastischen Methode gegriffen: einer Lochsäge mit einem Durchmesser von etwa 25 mm. Aus Geruchsgründen habe ich es beim zweiten Rechner allerdings im Freien gemacht, was ich auch dringend empfehlen würde! Auch der entstehende Dreck könnte beim Arbeiten im Wohnzimmer zu Protesten der Ehefrau führen.

Das Sägen war nicht ganz einfach, denn ich hatte nur eine für Holz vorgesehene Lochsäge. Neben Kunststoff und Wachs müssen jedoch auch einige Kupferbahnen durchtrennt werden, so dass meine Säge nach zwei dieser Operationen jetzt etwas stumpf ist. Man sollte die Schaltereinheit auch ordentlich befestigen, denn die Säge neigt zum Steckenbleiben. Das Ergebnis war jedoch schöner, als ich erwartet hatte; das „Bohrloch“ hat glatte und solide Wände.

Leider, aber wie erwartet werden dabei auch die Verbindungen zwischen den Steckkontakten 1 und 2 und dem Schalter durchtrennt. Der aufgedruckte Schaltplan (siehe Bilder) scheint die physische Anordnung also recht genau wiederzugeben, und die Leiterbahnen sind untrennbar mit dem Kondensator verbunden. Die ohnehin nur durchgeschleiften Verbindungen zwischen den Klemmen 3 und 10 sowie 5 und 8 sind ebenfalls unterbrochen. Auch der 2,2-Ω-Widerstand ist nicht mehr vorhanden. Alles andere sollte die Operation unbeschädigt überstanden haben.

Nach verschiedenen Durchgangsmessungen und dem Bereitlegen einer Taschenlampe habe ich mich getraut, den verbliebenen Rest der Schaltereinheit an eine Steckdose anzuschließen – und es ist nichts passiert. So weit, so gut!

Nun musste ich noch die verloren gegangenen Verbindungen wiederherstellen. Zum Glück sind die Zungen der Schalter mit Schrauben befestigt, an denen man Litzen anklemmen kann. Weil ich die rechnerseitigen Kabel und Stecker nicht verändern wollte, auch weil sie z.T. sehr kurz und knapp bemessen sind, habe ich die Kontakte am Schaltermodul über angelötete Litzen verbunden - im Bild stellen die blauen Litzen die Verbindung zum Netzstecker her und die braunen die zum Motorkondensator.

Das Anlöten der Litzen an den Steckkontakten hat einen kleinen Nachteil, denn es verkürzt die Länge der Kontakte etwas, so dass die Stecker nicht mehr vollständig aufgeschoben werden können. Die Festigkeit war aber trotzdem ausreichend.

Zusammenbau

Der Wiederzusammenbau ist nicht ganz einfach. Es fängt damit an, dass die Steckverbinder der vier zum Motor führenden Litzen genau unter einem Metallbügel liegen, was das Einstecken erschwert und auch das Aufsetzen der Kunststoffkappe. Wichtig ist es, die Schaltereinheit in dieser Phase noch nicht festzuschrauben!

Apropos Kunststoffkappen: Wegen der jetzt um die Schaltereinheit herum geführten Litzen müssen die Kappen mit Öffnungen versehen werden. Ich habe sie mit dem ohnehin bereitliegenden Lötkolben hineingeschmolzen.

Noch schwieriger ist der Einbau der schon beim Ausbau reichlich fummeligen Zugstange. Auch das ist nur möglich, wenn die Schaltereinheit noch nicht festgeschraubt ist. Das Einsetzen der unteren, kleineren Sicherungsscheibe ist fast unmöglich. Die Zugstange kann sich wahrscheinlich auch ohne diese Scheibe nicht aushängen, aber verlassen möchte ich mich darauf lieber nicht, jedenfalls nicht auf Dauer. Vielleicht finde ich noch einen Trick.

Schutzisolierung

Stromschlag.png
Schutzklasse2.png

Jetzt zu einem ernsten Thema: Die RAS 3/12 ist ein Gerät der sogenannten Schutzklasse 2, erkennbar an den zwei ineinanderliegenden Quadraten auf dem Typenschild. Diese Schutzklasse bedeutet, dass kein Schutzleiter vorhanden ist, das Gerät also nicht geerdet ist. Weil das Gehäuse des Rechners aus Metall besteht, muss deshalb laut Vorschriften bzw. Normen eine verstärkte oder doppelte Isolierung („Schutzisolierung“) vorhanden sein, damit eine gelöste Verbindung nicht dazu führen kann, dass ein loses Kabelende mit dem Metallgehäuse in Kontakt kommt und dieses unter Spannung setzt (Bei einem geerdeten Gerät der Schutzklasse 1 würde in einem solchen Fall der FI-Schutzschalter auslösen).

Wahrscheinlich sind genau diese Anforderungen an eine besonders sichere Isolierung der Grund, warum der größte Teil der elektrischen Bauteile in den Kunststoffblock eingegossen sind, denn es reduziert die Zahl der Verbindungen ganz erheblich. Die verbliebenen Anschlusskontakte dieses Gehäuses sind mit Kunststoffkappen abgedeckt, um für noch mehr Sicherheit zu sorgen. Auch die gelben Hüllen um die Litzen sind Bestandteil der doppelten Isolierung.

Meine Reparatur durchbricht zunächst einmal dieses Sicherheitskonzept. Es könnte sich z.B. eine der Lötstellen lösen und das Ende der betroffenen Litze mit dem Rahmen des Rechners oder dem metallenen Gehäuseboden in Berührung kommen. Natürlich möchte ich keinen Schlag bekommen, und deshalb habe ich versucht, die Forderung nach einer „verstärkten“ oder „doppelten“ Isolierung zu erfüllen (eine exakte Definition für deren Aufbau gibt es ohnehin nicht). So habe ich im Gehäuseboden unterhalb der Schaltereinheit eine Kunststofffolie aufgeklebt und die Kabelverbindungen mit solidem Gewebeband fixiert und zusätzlich isoliert (ein Teil davon fehlt auf den Bildern noch). Nicht schön, aber man sieht es ja nicht.

Die eleganteste und wohl auch VDE-gerechte Lösung wäre es, mit einem 3D-Drucker eine Art Deckel herzustellen, der sich über das Schaltergehäuse stülpen lässt. Platz dafür wäre, denn zwischen der Schaltereinheit und dem Bodenblech der Maschine sind etwa 12 mm Luft.

Wer Wert auf eine perfekte Schutzisolierung legt, sollte mit alten Elektrogeräten ohnehin vorsichtig sein. Die Modelle 1192.060 und 1182.050, ältere Verwandte der RAS 3/12, entsprechen ebenfalls der Schutzklasse 2, haben aber (zum Glück!) eine von der Entstörelektronik getrennte Schaltereinheit, die auch an einer anderen Stelle sitzt. Eine doppelte Isolierung sucht man in einigen Bereichen allerdings vergebens. So führen die nicht weiter ummantelten Litzen des Anschlusssteckers direkt, d.h. mit Berührung an Metallteilen vorbei, und die in Lüsterklemmen befestigten Litzen sind nicht gegen die Konsequenzen eines Herausrutschens gesichert. Warum Olympia diesen Rückschritt gemacht hat – verglichen mit den geerdeten Vorgängermodellen – kann ich mir nicht erklären.

Schlusswort

Abschließend noch eine Klarstellung: Dieser Text ist keine Empfehlung, die RAS 3/12 auf genau diese Weise zu reparieren, sondern nur eine Beschreibung, was das Problem ist und wie ich es gelöst habe. Beide auf diese Weise reparierten Maschinen funktionieren wieder, und am Leben bin ich auch noch. Aber wenn jemand eine elegantere Lösung gefunden hat, würde ich gerne davon erfahren, denn früher oder später ist wahrscheinlich auch meine dritte RAS 3/12 fällig...

Dass es ungeachtet aller hier besprochenen Aspekte nicht ratsam ist, ohne Grundkenntnisse in Elektrotechnik mit jahrzehntealten elektrischen Maschinen zu spielen, während man in der Badewanne sitzt oder barfuß auf einem feuchten Stahlbetonboden steht, versteht sich hoffentlich von selbst!